Handeln ohne Verhaftung

bhagavad gita1Es gibt andere Kapitel, insbesondere das vierte Kapitel – diese Sachen sagt er Anfang des achtzehnten Kapitels z.B. Aber im vierten Kapitel sagt er: „Gunas arbeiten unter den Gunas nur. Derjenige weiß, der weiß, dass er eigentlich nichts macht.“ Aus dieser Handlung ist er so mehr ein ruhiger, gelassener. Man lässt halt den Körper tun, was zu tun ist, man lässt den Geist denken, soweit er denken will, man lässt die Emotionen dabei, soweit sie dabei sein müssen, aber man ist ein bisschen davon abgehoben. Auch das ist bewusstseinsverändernd. Beides gehört zu dem Aspekt des Handelns ohne Verhaftung, ohne Identifikation, ohne an Früchte und Ergebnis zu denken. Und dann gibt es aber noch einen weiteren Aspekt und das ist der Aspekt des uneigennützigen Dienens. Wir handeln, um etwas Gutes für andere zu tun. Und das hilft, die Identifikation mit diesem Körper-Geist-Sammelsurium zu verlieren. Wir identifizieren uns mit diesem Körper-Geist – Sammelsurium ist vielleicht ein Ausdruck oder Komplex ist ein anderer Ausdruck, Körper-Geist-Organismus ist ein anderer Ausdruck. Aber da ist ja nicht nur ein Körper-Geist. Also, dieser Körper hier z.B., da gibt es viele Organe. Und dann nochmal interessant, wir haben zehnmal so viele Zellen mit nicht menschlicher DNA. Habt ihr das gewusst? Bakterien, Viren, zehnmal so viel. Also, wer bin ich hier? Aber jetzt nach dem Prinzip des Durchschnitts, ich bin zu neunzig Prozent Bakterien, vielleicht zu sechzig Bakterien, dreißig Prozent Viren und zehn Prozent Mensch, im Sinne von, wenn ich mich mit dem Körper identifizieren würde. Der Körper könnte auch gar nicht funktionieren ohne Bakterien. Wenn wir sagen würden: „Ja, ich bin das, was ich wirklich bin, ein Mensch, und das andere sind nur die, die auf mich drauf sind.“ Nein, dem ist nicht so. Die Haut könnte gar nicht funktionieren ohne Bakterien. Der Darm könnte nicht funktionieren ohne Bakterien. Sogar im Körper drin sind auch noch Bakterien und Viren. Eigentlich 99,999 Prozent aller Bakterien und Viren und was es da sonst noch alles gibt, Mikroben und Hefepilze und, sind sehr gut. Im Grunde genommen kann man sagen, eine bakterielle Erkrankung ist eine Fehlsteuerung. Auch die Bakterie hat nichts davon. Was hat ein Virus davon, wenn sein Wirt stirbt? Antwort: Gar nichts. Also, die Vorstellung, dass wir uns gegen Bakterien wehren müssen, weil die Bakterien die Bösen sind und wir sind die Guten, ist unsinnig. Normalerweise leben Mikroben in einem wunderbaren freundschaftlichen Verhältnis mit den größeren Organismen. Wenn das schiefgeht, dann gibt es Krankheiten. Und da muss der Körper natürlich was dagegen tun. Wenn die eigentlich wohlmeinenden Bakterien und Viren irgendwie durcheinandergeraten sind, dann muss er was tun. Selbst Parasiten – die meisten Parasiten leben mit den Wirten recht gut und dauerhaft und schaden dem Wirt nicht. Es ist nämlich nicht im Interesse des Parasiten, dass der Wirt geschädigt wird, der hat nichts davon. Eine Ausnahme ist, wenn der Parasit durch mehrere Wirte durchgeht, dann kann es ihm ziemlich egal sein, was mit dem alten Wirt passiert. Aber auch nicht wirklich, denn es gibt ja andere der gleichen Art, die auch jemanden brauchen, durch den sie durchgehen. Also, dieser Körper-Komplex, was wir hier haben, von Milliarden und Abermilliarden von Lebewesen. Das ist der eine Aspekt. Dann kann man sich auch überlegen, wer sich mit dem Körper identifiziert, muss dann überlegen: „Ab wo fange ich an?“ Z.B. die Luft. „Bin ich die Luft ab der Nase hier oder ab hier? Oder gibt es einen großen Teil in mir, was ich nicht bin, nämlich die ganze Luft in den Lungen? Bin ich dann der Sauerstoff im Blut? Bin ich das Kohlendioxid im Blut? Wenn ich jetzt ausatme, wird ein Teil von mir ausgeatmet?“ Oder noch etwas drastischer: „Wenn ich esse, ab wann bin ich das Essen? Ab hier? Oder bin ich der Speisebrei hier? Oder wird der Speisebrei erst ich, wenn irgendwann das durch die Darmwand durch ist? Aber heißt das dann, das sind erstens mal – je nachdem, welche Lungenkapazität man hat – zwei bis vier Liter hier, bin ich nicht. Dann sind dort nochmal zwei bis drei Liter im ganzen Darmtrakt, was ich nicht bin.“ Dann wäre noch die Frage: „Bin ich die Nierenflüssigkeit und die Harnflüssigkeit? Oder sind dort tatsächlich jetzt in mir insgesamt zehn Liter, was ich nicht bin? Das ist gar nicht mal so wenig, das sind auch nochmal fünfzehn Prozent von dem, was in mir ist. Das bin ich nicht.“ Dann müssen wir noch alles abziehen, was dort Bakterien, Viren und Hefe und sonstiges ist. Und dann: „Ab wann bin ich nicht mehr das? Bin ich der Harnstoff, der im Blut gelöst ist, aber nicht mehr, so wie das in die Nieren reingeht. Oder bin ich es noch in den Nieren, aber nicht mehr im Harnleiter und in der Harnblase? Wenn ich dann aufs Klo gehe, ist ein Teil von mir im Abfluss? Sicherlich menschliche DNA. Wer bin ich?“ Also dieser Körper-Komplex hier, dieser DNA-Komplex, dieser Komplex bestehend aus Milliarden von Lebewesen. Also, wir können aufhören, uns mit diesem Komplex zu identifizieren, indem wir auch etwas tun für andere Körper-Geist-Komplexe. Das ist das Prinzip des Karma Yoga, wo wir sagen: „Ich tue nicht nur für diesen etwas, ich tue etwas für den anderen. Ich bringe meine Emotionen nicht nur für diesen, sondern auch für andere.“

Fortsetzung folgt –

Dies ist die 83. Folge der unbearbeiteten Niederschrift eines Mitschnitts eines spirituellen Retreats mit Sukadev Bretz im Yoga Vidya Ashram Bad Meinberg. Für die Erläuterung der Sanskrit Ausdrücke kannst du nachschauen im Yoga Wiki. Hier ein paar weiterf´ührende Links:

Umfangreiche Infos zur Yogalehrer Ausbildung

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